Marco und die 11. Klasse in Alice Springs

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38 Grad zu Weihnachten in Alice Springs: Austauschschüler Marco Caserotti befindet sich seit einem halben Jahr in der 22.000-Einwohner-Wüstenstadt  im Herzen Australiens, wo gerade der Hochsommer begonnen hat. Für hob.bz.it berichtet der Schüler der 4 B-EU vom ungewohnten Leben in einer australischen Privatschule.
 
 
Hier der Bericht von Marco Caserotti

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Seit einem halben Jahr wohne ich in Australien. Am 6. Juli bin ich von Mailand nach Sydney geflogen und nach einem dreitägigen Aufenthalt weiter nach Alice Springs gereist. Das Schuljahr hat hier am 11. Juli begonnen.

Die Gastfamilie, bei der ich lebe, ist sehr nett. Es sind Amerikaner, die seit sechs Jahren in Alice Springs wohnen. In der Nähe befindet sich nämlich eine Militärbasis, in der mein Gastvater arbeitet.

Ich besuche mit meiner Gastschwester eine private evangelische Schule. Diese ist sehr groß und gut ausgestattet, wahrscheinlich weil es eine private Schule ist. Mir wurde gesagt, dass das St. Philip's College eine der besten Schulen Nordaustraliens sei. Es ist eine Roundsquare-Schule, d.h. eine Schule, die mit anderen Schulen auf der ganzen Welt, vor allem jedoch in Asien und Amerika, zusammenarbeitet.


Alice Springs ist eine eigenartige Stadt. Sie befindet sich mitten in der Wüste, mitten im Nichts. Das fühlt sich oft sehr komisch an. In der Stadt leben auch viele Aborigenes. Sie werden vom Staat finanziell unterstützt, doch sie schaffen es noch immer nicht, sich der westlichen Zivilisation anzupassen. Viele von ihnen haben keine Arbeit, keine Häuser und keine richtige Ausbildung. Oft betrinken sie sich und werden gewalttätig.
 

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marco_caserotti_schooluniform.jpgAuch das Schulsystem in Australien ist sehr eigenartig. Das habe ich schon am ersten Schultag festgestellt. Um zur Schule gehen zu dürfen, muss man eine bestimmte Schuluniform tragen. Die Jungen tragen schwarze geschnürte Lederschuhe, schwarze Socken, eine dunkelblaue kurze Hose, ein weißes Hemd mit einer Krawatte, die je nach „Haus" eine unterschiedliche Farbe hat.

Die Mädchen hingegen tragen schwarze geschnürte Lederschuhe, weiße Socken, einen karierten Rock sowie ein weißes Hemd mit Krawatte. Es gibt eine Sommer- und eine Winteruniform. Im Winter tragen die Schüler lange Hosen und eine dunkelblaue Jacke mit dem Schulemblem. Die Schuluniform muss immer ordentlich getragen werden; Ketten, Ohrringe, Armbänder, Piercings und Tattoos sind nicht erlaubt.

Das St. Philip's College besuchen Schüler der Klassen 7 bis 12. Die Schüler sind in sechs  verschiedene Häuser unterteilt. Jedes Haus hat einen eigenen Namen, ein Emblem und eine Farbe. In jedem Haus gibt es Schüler aus jedem Jahrgang. Um sich das gut vorstellen zu können, kann man als Beispiel die Schule von Harry Potter nehmen. Ich habe festgestellt, dass meine Schule und die von Harry Potter viele Gemeinsamkeiten haben. Jedes Haus hat eigene Schließfächer.


Wenn man am Morgen zur Schule kommt, muss man die Schultasche ins Schließfach legen. Man darf nur die einzelnen Schulbücher und die Federtasche mit in die Klasse nehmen, der Rest bleibt im „Locker" (Schließfach). Wenn die Schulglocke läutet, muss man zum „Tutor Group" gehen. Jedes der sechs Häuser ist in Tutor Groups eingeteilt. Dort werden die Merkhefte kontrolliert, außerdem wird nachgeprüft, ob man „Red" oder „Blue" Marks hat und ob die Eltern unterschrieben haben. Hier erhalten die Schüler auch sonstige Informationen.

Man hat jeden Morgen Tutor Group außer am Dienstag und am Mittwoch. Am Dienstag ist „Hausmeeting" und am Mittwoch „Assembly". Beim „Hausmeeting" trifft sich das ganze Haus und es werden verschiedene Themen besprochen. Bei der „Assembly" trifft sich die ganze Schule in der großen Halle; es wird die Nationalhymne gesungen und gebetet und es werden verschiedene Reden vor der versammelten Schulgemeinschaft gehalten.
 

Nach diesem Treffen fängt der normale Unterricht an. Jeder Schüler kann die Fächer selbst auswählen. Es gibt nur zwei Pflichtfächer, und zwar Englisch und Mathematik. In Englisch kann man zwischen „English Communications" und „English Studies" wählen. In Mathematik sind drei „Levels" vorgesehen.
 
Jeder Schüler hat einen eigenen Stundenplan, je nachdem, welche Fächer er ausgewählt hat. Die Unterrichtszeit ist hingegen für alle gleich. Eine Unterrichtsstunde dauert 45 Minuten; man hat eine Pause von 15 Minuten und eine Mittagspause von 30 Minuten. Die Schule geht von Montag bis Freitag, jeweils von 8.20 bis 15.00 Uhr.
 

Nachdem jeder Schüler seine Fächer selbst wählt, gibt es keine fixen Schulklassen. In manchen Fächern gibt es mehr, in anderen weniger Schüler; in meiner Wirtschaftsklasse zum Beispiel sind wir nur zu dritt. Das Schulgebäude ist sehr groß. Für jedes Fach muss man die Klasse wechseln.


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Dieses System ist für mich sehr neu und ich habe mich noch immer nicht ganz daran gewöhnt. Ich glaube, dass zwischen den einzelnen Stunden sehr viel Zeit vergeudet wird, um die nächste Klasse zu suchen. Ein bestimmtes Fach wird nämlich nicht immer in derselben Klasse unterrichtet.
 
Oft kommt es vor, dass ein Fach in eine andere Klasse „verschoben" wird. Dann muss man zum „Student Access" gehen und sich informieren, in welchen Raum man gehen muss. Ich will damit sagen, dass es nicht immer klappt mit dem „Klassenwechseln".
 
Im 12. Jahr wählen die meisten Schüler nur fünf Fächer. So haben sie während der Woche mehrere freie Stunden, in denen sie in die Bibliothek gehen und selbstständig lernen können. Ich finde das nur dann sinnvoll, wenn man wirklich etwas zu tun hat; sonst ist es sinnlos, stundenlang in der Bibliothek rumzusitzen und sich irgendwie zu beschäftigen.
  
Als Schlussfolgerung glaube ich, dass das System des Klassenwechselns für die Oberschule nicht besonders geeignet ist, weil die Schüler noch nicht ganz selbstständig sind. Dieses System passt sicher besser zur Universität.
  

Ich habe sechs Mathematikstunden in der Woche. Als ich noch im 11. Jahr war, hatten wir einen Inder als Mathematiklehrer. Ich konnte ihn überhaupt nicht verstehen. Er hat immer schnell und undeutlich gesprochen. Seine Schreibweise war auch nicht viel besser, und so musste ich immer im Mathebuch nachlesen, um dem Unterricht folgen zu können.
 
Was ich gleich gemerkt habe, ist, dass jeder Schüler einen speziellen Taschenrechner hat. Hier wird praktisch alles mit dem Taschenrechner gerechnet: Funktionen, Graphen, Formeln usw. Im Heft stehen fast nur die Ergebnisse; alles wird im Taschenrechner eingegeben und elektronisch gelöst. Am Anfang kannte ich mich mit dem Taschenrechner überhaupt nicht aus; mittlerweile geht es besser und ich habe viel dazugelernt.
 

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In der Mathematikstunde wird meistens schnell vom Lehrer erklärt; anschließend müssen wir Matheaufgaben aus dem Buch lösen. Wir bekommen auch regelmäßig Hausaufgaben. Wie ich schon erwähnt habe, gibt es im Fach Mathematik drei Schwierigkeitsstufen: Mathematical Applications, Mathematical Methods und Mathematical Studies. Ich bin in der letzten und schwierigsten Stufe. In Mathematik wird kein Info-Unterricht angeboten.
 
Die Leistungsabfrage erfolgt nicht durch regelmäßige Schularbeiten; am Ende des Jahres gibt es Prüfungen und während des Schuljahres werden Aufgaben gemacht, die man abgeben muss und die dann „bewertet" werden. Die Bewertung wird meistens in Prozent angegeben oder in Punkten, die dann in Prozent umgerechnet werden. Am Ende des Jahres erhält jeder Schüler in jedem Fach eine Note. Die Noten reichen von A (beste) bis F (schlechteste Note).


In Australien ist das Schuljahr sehr eigenartig gegliedert. Alle acht Wochen gibt es eine Woche Ferien. Die Weihnachtsferien fallen hier auf den Sommer und dauern zwei Monate; auch im Winter ist ein Monat Ferien vorgesehen.
 
Zwischen einem Schuljahr und dem anderen gibt es keine Ferien, sondern nur ein Wochenende. So war ich an einem Freitag noch in der 11. Klasse und am darauf folgenden Montag bereits in der 12. Am Ende des 11. Jahres hatten wir eine Woche Prüfungen. Es kommt mir vor, als ob jede Woche etwas Neues dazukommen würde, vielleicht weil ich das System noch nicht ganz durchblicke.
 


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Langsam wird es Hochsommer hier in Alice Springs und es fängt an, richtig heiß zu werden. Tagsüber steigen die Temperaturen bis auf 38°. Trotzdem finde ich, dass mit der Klimaanlage generell übertrieben wird. In den Klassen ist es immer eiskalt und deshalb spürt man die Hitze noch viel mehr, wenn man die Schule verlässt.
  

In meiner Freizeit suche ich den Kontakt mit anderen Leuten, um mein Englisch zu verbessern. Ich spiele in einer Fußballmannschaft und war auch schon auf einer viertägigen Sportreise in Melbourne. Nachdem es in Alice Springs nur eine einzige Fußballmannschaft und im Umkreis von 2.000 km keine größeren Städte gibt, muss man zwangsläufig mit dem Flugzeug in die nächsten Städte fahren, um Fußball spielen zu können. Ich gehe außerdem oft laufen, um mich fit zu halten. Das Essen ist hier nämlich nicht besonders gesund; die Leute ernähren sich fast jeden Tag von Fast-Food. Manchmal spiele ich Golf oder treffe mich mit Freunden.
 

Das war ein kurzer Querschnitt aus meinem „neuen" Leben in Australien. Ich hoffe, dass ich damit einen Eindruck vermitteln konnte, wie das hier so läuft. Bis zum nächsten Mal!


Liebe Grüße aus Australien
Marco Caserotti


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