Die Geschichte unserer Schule - Ein Rückblick Aus der Festschrift anlässlich des 50 jährigen Bestehens der Handelsoberschule H. Kunter(1998) Die Gründung in der Nachkriegszeit Die lange Zeit der faschistischen Unterdrückung und die Kriegsjahre waren vorbei. Im Zuge eines Neuanfangs wurde überall versucht, Aufbauarbeiten zu leisten. Die Südtiroler konnten für ihre Forderung nach Selbstbestimmung bei den alliier ten Militärbehörden kein Gehör finden. Im Pariser Vertrag vom 5. September 1946 jedoch wurden neben der vollen Gleichberechtigung "besondere Maßnahmen zum Schutze der volklichen Eigenart und der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Sprachgruppe" zugesichert. Unter den ausdrücklich erwähnten Maßnahmen scheint im Vertrag der Grund- und Mittelschulunterricht in der Muttersprache an erster Stelle auf. Somit konnte auch im Sektor Bildung und Kultur mit dem Aufbau der deutschen Schule, wenn auch noch unter großen Schwierigkeiten und mit Hindernissen, begonnen werden. Schon im Herbst 1947 gab es Verhandlungen zwischen dem Schulamt und dem Unterrichtsministerium bezüglich der Errichtung einer Handelsoberschule in Bozen. Am 1. Februar 1948 war es dann so weit, dass mit dem Unterricht begonnen wer den konnte. Der Lehrbetrieb lief mit einer ersten und einer dritten Klasse mit insgesamt 15 Schülern an. Sitz der Schule war im ersten Studienjahr die Danteschule (vorher Regina-Elena-Schule und noch früher Kaiserin-Elisabeth-Schule) in der Sparkassenstraße. Die Direktion der Handelsoberschule über nahm Dr. Martin Benedikten bereits Leiter des Wissenschaftlichen Lyzeums in Brixen. Geführt aber wurde die Anstalt von Prof. Dr. Franz Wegen der gleichzeitig an der Schule unterrichtete und später zum beauftragten Direktor ernannt wurde. Die erste Matura Im Sommer 1948 fand die erste Matura statt, an der ausschließlich Privatisten antraten (z.T. waren es Kriegsteilnehmer). Insgesamt hatten neun Kandidaten die erste Reifeprüfung bestanden. Im Schuljahr 1948/49 übersiedelte die Schule in das Gebäude der italienischen Handelsoberschule (ITC "Cesare Battisti" in der Cadornastraße). Geführt wurden eine erste, eine zweite, eine dritte und eine vierte Klasse. Die Schüler kamen z.T. aus der Handelsschule und aus der früheren Hauptschule. Sie mussten deshalb eine Aufnahmeprüfung ablegen. Der Direktor und das übrige Schulpersonal bemühten sich eifrig darum, neue Schüler anzuwerben. Ein Teil der Schüler war schon fortgeschrittenen Alters, und einige waren gewesene Soldaten aus dem Krieg. Das Rauchverbot bedeutete besonders für die letzteren ein großes Opfer. Die Schule wächst - eine Direktion mit den Geometern 1950 fand die erste reguläre Matura für die internen Kandidaten statt. Aufgrund des starken Schülerandrangs konnte man bereits im Schuljahr 1953/54 einen zweiten Klassenzug führen. 1960 übersiedelte die Handelsoberschule in den angeschlossenen Neubau ums Eck in der Guntschnastraße, der bis heute Sitz der Schule ist. Im Schuljahr 1955/56 wurde die Geometerschule eröffnet und ebenfalls dem Direktor Franz Weger unterstellt. Die Gründung dieser Schule erfolgte im Wesentlichen auf Betreiben der Eltern. Bis zur Übersiedlung in den Neubau in der Guntschnastraße befand sich die Geometerschule im Gebäude der Berufsschule neben dem alten Messepalast. lm Jahr 1963 wurde auch in Südtirol die neue Mittelschule eingeführt, die nach anfänglichen Schwierigkeiten - es fehlten Lehrpersonen und Schulräume - wesentlich zur Hebung des allgemeinen Bildungsniveaus beigetragen hat. Vom Ende der 60er Jahre an nahmen auch deshalb die Neueinschreibungen an der Oberschulen stark zu. Mit der Störung der Weihnachtsfeier 1969 kündeten sich die Studentenproteste der darauf folgenden Jahre an. Die europaweite Studentenbewegung erfasste auch die Handelsoberschule und führte zu teilweise harten Konflikten zwischen einer Gruppe politisch sehr aktiver Schüler und den Professoren. Direktor Franz Weger starb am 15. Mai 1972, und vorübergehend leitete die Schule Dr. Heinz Callegari. Ab dem Schuljahr 1972/73 wurde der Naturwissenschaftler Dr. Fritz Maurer mit der Leitung der Handelsoberschule betraut. Aufgrund der Mitbestimmungsgesetze wurden im Jahr 1975 die Kollegialorgane an der Handelsoberschule eingeführt, in denen es zu harten Auseinandersetzungen zwischen "Rechten" (die Mehrheit) und "Linken" (die Minderheit) kam. Dr. Heinz Auer, Prof. Willi Rotter auf der einen, und Dr. Luis Benedikter und Dr. Reinhard Pardeller auf der anderen Seite trugen die härtesten Wortgefechte aus. Die Gründung der Außenstelle der Handelsoberschule in Meran 1975 hat besonders der Schulverwaltung viel zusätzliche Arbeit gebracht. lm Schuljahr 1979/80 ging Direktor Fritz Maurer in Pension (verstorben am 21. August 1993), und mit Beginn des Schuljahres 1980/81 übernahm Direktor DDr. Alois Stofner, Volkswirtschaftler seines Zeichens, die Leitung der Schule. Die Programmierer kommen - Außensektion "Altes Spital" Um den neuen Anforderungen zu entsprechen, wurde an der Handelsoberschule neben der Fachrichtung Verwaltung auch die Fachrichtung Programmierer eingeführt. Im Schuljahr 1981/82 wurde zum ersten Mal eine dritte Klasse dieser Disziplin errichtet, und 1984 traten die ersten Programmierer zur Matura an. Die Schule verfügt über sechs eigens für den Unterricht an den Computern eingerichtete Lehrräume. Die Ausbildung im Bereich der Datenverarbeitung muss aber für die Schüler aller Ausrichtungen gewährleistet werden. Seit dem Schuljahr 1983/84 ist ein starker Zuwachs bei den Neueinschreibungen an der Handelsoberschule zu vermerken, der zum Teil auch auf die Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt zurückzuführen war. Der durch die Schülerzunahme bedingte Platzmangel konnte durch die Schaffung einer Außenstelle im ehemaligen Landeskrankenhaus (Altes Spital) in der Bozner Innenstadt behoben werden. Zugleich mit dem im Hochparterre etablierten "Modernen Museum" konnten die Schüler des Außensitzes in dem hervorragend restaurierten altösterreichischen Gebäude große helle Klassenzimmer in den ersten drei Stockwerken beziehen. Eine Lösung ist jetzt auch für die völlig unzureichende Turnhalle im Kellergeschoß des Hauptsitzes in Sicht. Trotz dieser widrigen Verhältnisse haben viele Schüler immer wieder großartige Leistungen in den verschiedenen Sportarten erbracht. Sehr positiv hat sich der Umstand ausgewirkt, dass inzwischen fast alle Lehrkräfte die Lehramtsprüfung abgelegt haben und in die Stammrolle aufgenommen wurden. Um die Beziehungen zu Österreich und besonders zum Bundesland Tirol zu beleben, wurde 1984 die Partnerschaft mit der Handelsakademie in Schwaz besiegelt. In der Zwischenzeit haben bereits mehrfach Besuche von Lehrergruppen und Schulklassen stattgefunden. Neuerungen im letzten Jahrzehnt Im Rahmen eines Austauschprogramms des Unterrichtsministeriums hat im Februar 1986 eine} Schülergruppe der Handelsoberschule eine amerikanische High-School besucht, und eine Gruppe , amerikanischer Schüler aus Amherst bei Buffalo im Bundesstaat New York hat sich im darauf folgenden Frühjahr (1987) an unserer Schule aufgehalten. Der erste Gegenbesuch ist dann im Herbst erfolgt. Seitdem läuft dieser Austausch ununterbrochen, und jedes Jahr kommen Ende September/Anfang Oktober zwischen 10 und 20 Schüler aus den vierten Klassen für drei Wochen in den Genuss eines großartigen Reise- und Aufenthaltserlebnisses bei Partnerfamilien in den Vereinigten Staaten. Mitte Mai 1993 erlitt Direktor Stofner einen Schlaganfall, dem er nach monatelanger Stationierung an der Innsbrucker Universitätsklinik am 14. April 1994 erlag. Das Schulamt verfügte im Sommer 1993 die Trennung der Oberschule für Geometer von der Handelsoberschule, und schon vor Unterrichtsbeginn hatten beide Institute eigenständige Direktionen. Trotzdem bleibt die Handelsoberschule auch 1997/98 zahlenmäßig mit 37 Klassen, 789 Schülern und 101 Lehrern die größte Schule Südtirols. 1992 hatte sie noch 1155, und samt den Geometern 1456 Schüler. In der HOB wurde 1993 der bisherige Professor für Rechtskunde, Dr. Gottlieb Pomella, inzwischen pragmatisiert, mit der Leitung der Anstalt beauftragt. Diese letzten Jahre brachten eine Reihe von Neuerungen. Es gab verschiedene Experimente mit neuen Schulversuchen, so dass eine Vielfalt von Fachrichtungen angeboten werden kann. Die traditionelle Fachrichtung "Verwaltung" läuft mit dem Schuljahr 1999/2000 aus. An deren Stelle ist die reformierte Fachrichtung "IGEA" mit verstärkter betriebswirtschaftlicher Ausrichtung getreten. Ebenso hat die HOB "Heinrich Kunter" in der Form eines Schulversuchs eine Art Wirtschaftsgymnasium eingeführt, in welchem die Wirtschaftsfächer zugunsten der Naturwissenschaft und der Philosophie etwas abgebaut worden sind. Eine nicht unkomplizierte Umstrukturierung im Dienstrecht des unterrichtenden Personals bringt auch der vor kurzem verabschiedete Lehrervertrag (Landeszusatztarifvertrag) mit sich, der die Möglichkeit einer individuellen Dienstoption für Land oder Staat vorsieht. Was noch aussteht ist die Erhöhung der Pflichtschule um zwei Jahre, die eine neuerliche Umorganisierung der Oberschule zur Folge haben wird. Auch eine neue Regelung in der Abwicklung der Reifeprüfung ist für das kommende Schuljahr festgelegt. Umbauten, neue Strukturen und Übersiedlung Im Zug der baulichen Veränderungen der letzen Jahre im Hauptsitz wurden schöne große Säle für die Bibliothek, den Aufenthaltsraum der Lehrer, für Computer und für chemisch-physikalische Experimente geschaffen. Ein zentraler Treffpunkt ist die neue "Aula Magna", die als Mehrzwecksaal bei Konferenzen, Tagungen, Vorträgen, Theater- und Musikaufführungen oder Schulfeiern aller Art und sonstigen Veranstaltungen nunmehr zur Verfügung steht. Einen Wermutstropfen allerdings wird die bevorstehende Aussiedlung aus dem Außensitz im "Alten Spital" im Jahr 1999 ins Schulleben bringen, wo nach einem Landesbeschluss die neu zu schaffende Universität ihren Standort finden soll. Den neuen und endgültigen Außensitz wird unsere Schule ab dem Schuljahr 1999/2000 in der Cadornastraße erhalten, dort, wo zur Zeit die Gewerbeoberschule ihren Sitz hat. Nach diesem Umzug und nach Inbetriebnahme der Mehrfachturnhallen, die derzeit im Bozner Talferbett gebaut werden, dürfte auch das chronische Turnhallenproblem unserer Schule endlich der Vergangenheit angehören. Abschließend und rückblickend kann aber nach nunmehr einem halben Jahrhundert mit Genugtuung und einem wohl gerechtfertigten heimlichen Stolz festgestellt werden, dass an der Handelsoberschule viele junge Menschen in den vergangenen Jahrzehnten eine gediegene Ausbildung erfahren haben, von denen die meisten heute in wichtigen Positionen in der Südtiroler Wirtschaft, ja manche von ihnen sogar in führenden Funktionen in der großen Welt, tätig sind. Es bleibt zu hoffen, dass diese Schule auch in Zukunft ihren Bildungsauftrag zum Wohle unserer Jugend erfüllen kann. Dr. Alexander Brenner-KnolI / Dr. Karl Plunger Aus der Festschrift anlässlich des 50 jährigen Bestehens der Handelsoberschule H. Kunter(1998)