Die Unzufriedenheit der Lehrerschaft reißt nicht ab: Bei einer erneuten Gewerkschaftsversammlung wurden nun erste konkrete Ideen gesammelt, wie die Lehrpersonen ihren Anliegen mehr Gehör verschaffen können. In Zukunft könnten auch Lehrausgänge betroffen sein.
Die Problematik ist nicht neu: Trotz wachsender Herausforderungen und steigender Komplexität blieb eine angemessene Unterstützung und Gehaltsanpassung seitens der Politik aus. Lange Zeit galt offenbar der Grundsatz: „Solange es nicht brennt, besteht kein Handlungsbedarf“. Doch die Realität sieht anders aus - das Südtiroler Schulwesen brennt schon lange, nur sind es die engagierten Lehrkräfte, die seit Jahren versuchen, den Brand zu löschen.
Ein besonders symbolträchtiges Beispiel: Außerschulische Aktivitäten, die über die Unterrichtsverpflichtung hinausgehen, werden zudem erst ab der 4. Stunde mit einem Bruttostundensatz von nur 2,80 Euro vergütet. Dennoch stellen viele Lehrpersonen stets das Wohl der Schüler:innen in den Vordergrund - fast immer auf eigene Kosten. So muss mancherorts ein Kindermädchen für 10 € pro Stunde engagiert werden, während sich Lehrpersonen am Nachmittag für schulische Zusatzangebote engagieren. Die Last eines immer instabileren Bildungssystems liegt allein auf ihren Schultern.
Doch für viele ist die Grenze erreicht. Ein deutlicher Stimmungsumschwung ist spürbar: Immer mehr Aktionsgruppen bilden sich, die Bereitschaft zum „Dienst nach Vorschrift“ wächst. Viele Lehrkräfte, die sich bisher gegen drastische Maßnahmen ausgesprochen haben, zeigen sich nun offen für Proteste. Die Sorge um die Auswirkungen auf die Schülerschaft ist zwar noch vorhanden - aber der Leidensdruck überwiegt.
Eine Lehrkraft äußerte sich treffend zu diesem Thema: "Wenn wir als Lehrpersonen der Gesellschaft und der Politik nicht mehr wert sind – dann bekommen sie eben genau den Schulalltag, den sie sich mit ihrem Spardiktat verdient haben. Wenn Bildung im Sparmodus laufen soll, dann bitte, aber nicht auf unseren Schultern und ohne unser unbezahltes Engagement."
Im Rahmen der Gewerkschaftssitzung wurden nun erste Ideen zu einem ersten Maßnahmenkatalog erarbeitet, der bereits ab dem kommenden Schuljahr umgesetzt werden könnte. Die Mehrheit der Lehrpersonen der WFO.bz wäre bereit, einschneidende Schritte zu setzen. Zur Diskussion stehen dabei gezielte Einschränkungen bzw. die vollständige Streichung freiwilliger Zusatzangebote – ein Bereich, der bislang ausschließlich durch das zusätzliche Engagement der Lehrkräfte getragen wurde.
Unter anderem wurden folgende Ideen für zusätzliche Angebote vorgebracht, die gestrichen werden könnten:
- Ein- und mehrtägige Lehrausgänge (z. B. Betriebsbesichtigungen, Buchmessen, Wandertage, Thementage, Kino-, Theater- und Museumsbesuche)
- Projekt- und Sprachreisen (z. B. Wienfahrten, Maturareisen)
- Expertenvorträge und Workshops
- Wahlfächer (z. B. ECDL, Fitness, Schulband)
- Wirtschaftstag und Masterclass
- Außerschulische sportliche Aktivitäten
- Informationsveranstaltungen (z. B. Studien- und Berufsorientierung)
- Maturasimulationen
- Begabtenförderung (z. B. Mathematik- und Informatikolympiaden)
- Gesundheits- und Sozialprojekte (z. B. „Gesunde Jause“, Erste-Hilfe-Kurse, Sexualkundeprojekte)
- Übungsfirmenmessen und externe Zertifizierungen
- ...
Diese Liste macht deutlich, wie viel über den regulären Unterricht hinaus geleistet wird – und wie stark der aktuelle Schulalltag vom freiwilligen Einsatz der Lehrpersonen abhängt. Ein Einsatz, der unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht länger selbstverständlich sein kann.
Die Vorschläge sollen in den nächsten Monaten im Lehrerkollegium diskutiert und verfeinert werden. Ziel ist es, Politik und Gesellschaft deutlich vor Augen zu führen, wie ein Schulalltag aussieht, wenn er nicht mehr auf den Schultern einer zunehmend überlasteten Lehrerschaft getragen wird. Es soll ein deutliches Zeichen gesetzt werden - für mehr finanzielle und soziale Wertschätzung, gerechte Rahmenbedingungen und dringend notwendige Veränderungen im Bildungssystem.
Die Aktionsgruppen: