Ein Schultag mit Jörg Zemmler

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Der Südtiroler Jörg Zemmler heißt eigentlich Jörg Zemmer und ist ein vielseitiger, außergewöhnlicher Künstler. Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 4 A-SP, 5 A-SP und 5 B-WS hatten kürzlich Gelegenheit, den Autor aus Seis genauer kennen zu lernen. In der Aula des Außensitzes hielt er für die drei Klassen eine interessante Lesung. Für www.wfo.bz.it hat Anita Silbernagl ihre Eindrücke vom Treffen mit dem Künstler zusammengefasst.

 

Zuerst Mathematik, dann Italienisch, eine Doppelstunde Deutsch, Volkswirtschaftslehre, Geschichte, IKT, Turnen und zum Abschluss Biologie ... unterbrochen von erholsamen Zwischenpausen. So haben die Klassen 4 A-SP, 5 A-SP und 5 B-WS das Treffen mit Jörg Zemmler erlebt. Der gebürtige Seiser hat viel neuen Wind in eine traditionelle Lesung gebracht: Jedem Schulfach hat er einen Text aus seinen Werken zugeordnet, gemäß seiner Aussage „Abwege sind auch ein Weg“. Dieser Stundenplan zog sich als Leitfaden durch die Lesung und wurde vom Künstler abwechslungsreich gestaltet.

Dass Jörg Zemmler nicht nur mit Gedichten kann, bewies er an diesem Vormittag. Zu seiner Darbietung gehörten neben Kurztexten aus seiner Anthologie „papierflieger luft“ auch Klanggedichte wie „dass das“, Lieder, der innerer Monolog „Weißt du, das Meer“, ein Prosatext sowie ein Text im Südtiroler Dialekt und ein Video. Meist spielen dabei die Musik, der Rhythmus, der Klang, die Bilder eine größere Rolle als die Wortbedeutung selbst. Laut Zemmler sind dies alles verschiedene Sprachen, die man im Unterschied zu den Begriffen nicht durch das Gehirn, sondern durch das Herz aufnimmt.

In offener und lockerer Form stellte der Autor seine Texte vor, die zum Lachen anregen und auf Probleme und Fragen der Gesellschaft hinweisen. Beispielsweise sprach er vom Streben des Menschen, alles beweisen zu können, er deformiert radikal die Sprache in Goethes „Erlkönig“, bis sie keinen Sinn mehr ergibt und nur noch aus Buchstaben besteht. Er beschäftigt sich mit dem Gemüseanbau seines Vaters, bezieht Inspiration aus den Rechtschreibfehlern der Tageszeitung Dolomiten, räumt dem Chaos in der Liebe seinen Platz ein oder spricht die Macht des Geldes in unserer Gesellschaft an. Sätze wie „Zum Untergehen muss man nicht am Meer sein“, „Reichtum ist gerecht“ oder „Wie brav willst du noch sein“ luden die Schüler zum Reflektieren über das Gesagte ein.

Wie Zemmler nach der Lesung selbst preisgab, verfolgt er eine bewusste Provokation oder auch „Verstörung“, wie er es nannte. Der etwas andere Künstler will nicht den Erwartungen der Schülerinnen und Schüler entsprechen und auch die Lesung nicht so ernst gestalten, sondern eine Lockerheit erzeugen und die Distanz zwischen Autor und Publikum aufheben. Anschließend nutzten wir die Gelegenheit, Fragen zu stellen und das Gemeinsame von Kunst und Philosophie zu beleuchten. Beides hat ja, wie Zemmler überzeugend demonstriert, im Leben seinen Ursprung.

Anita Silbernagl (5 B-WS)

 

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